St. Katharinen-Kirche

Die Kirche zu Steyerberg

Die evangelische Kirche in Steyerberg steht nicht wie im Allgemeinen üblich im Dorfkern, sondern befindet sich etwas ausgelagert östlich des Dorfkerns.  Der Pfarrort Rießen, heute ein Ortsteil Steyerbergs, bildet eine geschlossene Einheit, zu der das Pfarr-, Pfarrwitwen- und Küsterhaus sowie die Kirche mit dem sie umge-benden Friedhof  gehören. 
Jahrhundertelang führte die Kirche den Namen „Kirche zu Rießen“,  heute heißt sie  St. Katharinen-Kirche.
Ihre Schutzpatronin ist die heilige Catharina. Dieser Name bedeu­tet die „Reine". Catharina lebte im ägyptischen Alexandrien. Wegen ihrer Missionstätigkeit unter den Philosophen des Landes machte sie sich strafbar. Sie wurde zum Tode durch das Rad ver­urteilt, jedoch zum Tode durch das Schwert begnadigt. Deshalb wird sie mit Rad und Schwert dargestellt. Krone und Schreibfeder sollen auf die Lauterkeit ihres Wesens und ihre Gelehrsamkeit hin­weisen. Sie war die Nothelferin der Schüler, Studenten und Jung­frauen. Als ihr Todesjahr gilt das Jahr 307; ihr Tag ist der 25. November.
 

Erste Erwähnung der Kirche und ältere Vergangenheit

Rießen war einst ein Dorf. Das geht aus mehreren Urkunden des 13. Jahrhunderts hervor, in welchen von Grundstückskäufen oder Schenkungen und Belehnungen berichtet wird. Darin wird der Ort „Risne" genannt. 1250 schlichtete der Bischof von Minden einen Streit zwischen dem Abt des Klosters Schinna und dem „sacerdos de Rysna", dem Geistlichen zu Rießen. Es ging dabei um den Besitz einiger Hofstellen. 1275 erschien zwischen den Zeugen einer Grund-stücksübertragung der Kaplan Johannes ,,de Risne". Das 1148 gegründete Kloster Schinna stand unter dem Schutz der Mindener  Bischöfe, die den Erwerb von Höfen und Zehntleistungen für das Kloster begünstigten. 1285 übertrug der Bischof Volquin ihm sogar die Kirche „Rysne" mit all ihren Gü­tern und Rechten als Eigentum mit der Verpflichtung, dort den Gottesdienst zu übernehmen. Dieses Datum wird in der Literatur als das Baujahr der „Urkirche“ anerkannt, was jedoch nicht eindeutig bewiesen ist. Es lässt sich nicht mehr feststellen, wann die erste Kirche in Rießen die Gläubigen zum Gebet rief. Es muss vor 1250 gewesen sein, da für dieses Jahr bereits die Anwesenheit eines Geistlichen bezeugt wird. Die Beschaffenheit des einst von Sümpfen und Mooren begrenzten Gebietes lässt eine dünne Besiedlung vermuten, zu deren Betreu­ung eine Kapelle ausreichte. Zum Ende des 13. Jhs. wurde eine erste massive Kirche als Saalbau mit Balkendecke errichtet, die ungefähr 2/3 der Länge des heutigen Baues hatte. Die Form des Ostschlusses ist unklar. Die Außenmauern dieser Kirche sowie Teile des Dachwerks sind im Westteil des heutigen Baus erhalten. Es ist aber davon  auszugehen, dass das dreijochige Hauptschiff und die Sakristei aufgrund ihrer Bauweise die ältesten noch erhaltenen Teile der Kirche sind.Der Heimatforscher Heinrich Gade nahm an, dass in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts in Rießen eine Kapelle war, die dem Kloster Schinna unterstand, von wo aus ein Kaplan („Capellanus de Risne“) Gottesdienste und andere kirchliche Angelegenheiten übernahm. Eine andere Vermutung ist, dass die erste Kirche näher bei Steyerberg gestanden haben soll wie Dr. Arnold Pieper in seinem Buch „Aus Steyerbergs vergangenen Tagen“ einen Herrn Buschhorn zitiert. Er stützt seine Vermutung auf den Namen „Kreuzfeld“ und „Knochenburg“: „...Jedenfalls sind vor Jahren hinter den Häusern der Kirchstraße (dem alten Niemeyerschen Haus) Grabfelder bloßgelegt, die den Gräbern eines angelegten Friedhofes entsprechen. Tatsache ist, dass auch später hier der Grund und Boden der Kirche, nachdem diese auf den heuten Platz erbaut war, gehörte, und die sich hier anbauenden Einwohner zinspflichtig waren.“ Spätestens seit 1285 wird ein Mönch aus Schinna in Rießen amtiert haben. Der von ihm benutzte Weg vom Kloster zur Kirche hieß der „Papengang" (Pape = Pfaffe). Diese Bezeichnung er­scheint noch 1800 als Flurname in einer Grenzbeschreibung. Das Kirchspiel Rießen umfasste ein großes Gebiet mit vielen zer­streut liegenden Bauernschaften und Einzelhöfen. Es  reichte bis Hasselbusch und Oldenburg vor Kirchdorf und war fast deckungs­gleich mit dem Amte Steyerberg. Wahrscheinlich wurde es zu­nächst von dem Geistlichen in Liebenau verwaltet. Das lässt sich aus der Tatsache schließen, dass ihm Zentzahlungen aus Reese, Düdinghausen, Sarninghausen und sogar dem Flecken Steyerberg geleistet wurden. Diese Lasten haben die Pflichtigen erst vor etwa 150 Jahren durch eine einmalige größere Zahlung abgelöst. Die Kirche in Rießen verdankt ihre Gründung dem Kloster Schinna. So steht in einer alten Grenzbegehung: „Von da auff die kirche Zum Riessen, Die auß Dem Kloster Schinna gebauet Ist". Dies bedeutet vermutlich nicht, dass die Kirche aus der 1682 abgebrochenen Klosterkirche erbaut worden ist, sondern vielmehr das Kloster Schinna entsprechend Einfluss auf bauliche Maßnahmen hatte. Erst 1467 wird die Kirche wieder in einer Urkunde als Besitz des Klosters Schinna erwähnt.  Erneut geben die Urkunden über 100 Jahre keine Auskunft. 
Lediglich aus einer Datie­rung am Turm von MDVII = 1507 lässt sich das Jahr schließen, indem dieser angebaut wurde. Er misst etwa 23 m und trägt auf einem massiven Unter­bau eine hölzerne Turmspitze. Die erste Glocke, die nachweislich in diesem Turm hing, stammt aus dem Jahre 1653. „..., die Gloc­ken sind jedoch nach einer auf denselben befindlichen Inschrift im Jahre 1653 von Landgraf Staat von Münchhausen geschenkt worden."Allerdings ist es wahrscheinlich, dass auch mit dem Turmbau eine Glocke angeschafft wurde.  Es wird in einigen Befundberichten erwähnt, dass die Kirche im mittelalterlichen Zustand unverputzt gewesen sei, so dass sie mit einer roten Back­steinfassade zur Geltung kam. „Die Wände der frühmittelalterlichen Saalkirche waren unverputzt. Lediglich die Gewölbekappen und die Formsteine der Architekturgliederungen tragen einen Verputz (Kalk/ Gips/ Sand/ Ziegelsplitt/ Holzkohle). Der historische Putz liegt fast geschlossen vor und weist nur partiell neuzeitliche Überputzungen auf. Die Mörtelfugen der Wände im Langhaus sind mit einem einfachen Kellenstrich versehen." Anhand von Quellen lässt sich dieses jedoch nicht nach­weisen, obwohl der Autor Friedrich Bomhoff in seinem Buch auf ein Güterverzeichnis des Jahres 1756 hinweist: „...„Die Kirche ist von roten Mauersteinen aufgeführt..." Wann und weshalb die aus Ziegelsteinen gebauten Außenwände mit einem hellen Putz überdeckt wurden, ist nicht bekannt."  Ebenso wird davon ausgegangen, dass die Maßwerkfenster um 1500 in der Südmauer eingefügt wurden.Die Hoyaer Grafen bemühten sich schon früh um die Einführung der Reformation in ihrem Herr­schaftsbereich. Bereits 1525 - also nur wenige Jahre nach Luthers Thesenanschlag in Wittenberg predigten evangelische Geistliche in Nienburg und Stolzenau. Beide Schüler Luthers und des Wohlwollens der Gra­fen sicher. Es ist anzunehmen, dass ihr Wirken auch die ländli­chen Gemeinden der neuen Lehre zuführte. Die von den Landesherren eingesetzten Kon­sistorien sorgten dafür, dass nur glaubenstreue und zuverlässige Geistliche ein Pfarramt erhiel­ten.Der erste bekannte Pastor evangelischen Glaubens war der aus
  Landesbergen stammende Konrad Winkelmann. Er amtierte von 1566—1608.  1571 verpfändete Graf Otto von Hoya das Kloster Schinna an den führenden Landknechtsführer Hilmar von Münchhausen. Damit fiel auch das Patronat der Kirche an ihn. Seit dieser Zeit übernahm die Familie Münchhausen eine wichtige Rolle für die Kirche und auch den Ort Rießen, da sie die einzige Adelsvertretung in der Gegend war.Während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) wurde der Ort laut Hoyaer Urkundenbuch 1625 und 1635 ein weiteres Mal zerstört. Die Kirche erlitt aber keinen wesentlichen Schaden. „… Der Ort war vor der Zerstörung ein Dorf, ist jetzt nur noch Pfarre, Kirche und Küsterhaus.“ Sicherlich ist dies auch der Grund dafür, dass sich die Kirche nicht im Dorfkern befindet. 

Jüngere Vergangenheit der Kirche

Eine wesentlich größere bauliche Maßnahme an der Kirche fand 1737 statt. Nachdem klar geworden war, dass die Kirche nicht mehr alle Gemeindemitglieder aufnehmen konnte, be­schloss man, einen Anbau im Norden vorzu­nehmen. Hierfür wurde das Mitteljoch an der Nordseite aufgebrochen, wo schließlich der neue barocke Anbau in Fachwerkbauweise entstand. Der Anbau maß 6 m in nördliche Richtung und 8 m von Ost nach West. Er wurde mit einem Seg­menttonnengewölbe verse­hen, dass im Gegensatz zu dem Kreuzgewölbe des al­ten Teils der Kirche nicht ge­mauert worden ist, sondern aus Holz hergestellt wurde. Der Altar blieb an der Ost­seite stehen, obwohl er ver­mutlich nicht von allen Sitzplätzen aus zu sehen war. Zu dieser Zeit 
  wurde auch die Christian Vater-Orgel angeschafft.
 1827 wurden der Altar, die Orgel und die Amtsprieche durch Malerarbei­ten optisch neu aufgewertet. 1833 wurde der Fußboden in der Kirche instand gesetzt. Es liegt ein Kostenvoranschlag vor, der vorsah, den Fußboden mit ca. 4000 Steinen bester Sorte zu versehen.Größere bauliche Veränderung fand im Jahr 1908 statt, als die Gemeinde erneut feststellen musste, dass die Größe der Kirche nicht mehr für alle Gemeindemitglieder ausreichte. So 
 wurde der Entschluss gefasst, den barocken Anbau von 1737 zu verlängern. Der Architekt Eduard Wendebourg wurde mit dem Bauvorhaben beauftragt. Wendebourg plante den Er-weiterungsbau im Nor­den der Kirche in Rießen, wobei auch der Ein­gang der Kirche in die Turmvorhalle verlegt wurde. Der alte Eingang wurde teilweise zuge­mauert und mit einem Fenster versehen. Der Altar sollte künftig an der Südseite im mittleren Joch stehen, was sehr ungewöhnlich war, da der Altar damit nicht mehr an der sonst üblichen Ostseite stand. Der nun noch länger gewordene Anbau machte eine Umsetzung des Altars nötig, da er sonst nicht von allen Sitzplätzen aus zu sehen gewesen wäre. Zudem wurden auch die Orgel und die Kanzel umgesetzt. Die Orgel fand ihren neuen Platz am Ende des neuen Anbaus und die Kanzel östlich neben den Altar. Die Südempore wurde entfernt.1956 wurde das Kircheninnere dann hell gestrichen, das Gestühl farbig. Or­gelprospekt und Emporen passten sich den Farben an.  1958 wurde das Turmdach neu eingedeckt. Es wurde neu geschalt und mit Schiefer-Doppeldeckung versehen, womit es jetzt komplett in Schiefer eingedeckt war. Vorher befanden sich auf der Nord- und Ostseite Holzschindeln. 1962 wurde das gesamte Kirchendach neu eingedeckt. Eine Ölheizungsanlage mit Umluftbetrieb wurde 1964/65 eingebaut; 1994 wurde die Heizungsanlage saniert und auf Warmwasser umgestellt. Größere Instandsetzungs- und Renovierungsarbeiten wurden 1997 vorgenommen. Die Wände und Gewölbe wurden neu vermalt, der Fußboden instand gesetzt, die Beleuchtung erneuert und die Emporen restauriert. 

Einrichtung der Kirche

Über dem Altar erhebt sich eine Darstellung des Hei­lands, flankiert von zwei goldverzierten Putten. Die diesen beiden zugeord-neten christlichen Symbole Taube, Anker und Kelch weisen auf den Heiligen Geist, die Glaubensbe-ständigkeit und das Abend-mahl hin. Das über dem Kreuz befindliche „Auge Gottes", ein Auge in einem von ausge­henden Strahlen umgebenen Dreieck, versinn-bildlicht Gottes Allwissen und die Dreifaltigkeit. Dieses in Kirchen ungewöhnli­che Symbol, das auch von Frei­maurerlogen benutzt wird, ist neueren Datums. Der Kanzeldeckel trägt den la­teinischen Spruch: „Verbum domini manet in aeternum“ (Das Wort des Herrn bleibt in Ewig­keit). Sie ist eine Stiftung des Söldnerführers Hilmar von Münchhausen, der 1573 in Steyerberg starb. Er war so bekannt und angesehen, dass seine Lei­che von 200 geharnischten Rei­tern nach Nienburg geleitet wurde. Ein aufwendiges Grabmal in der dortigen Martinskirche erinnert noch an diesen Kriegsmann. Bemerkenswert ist das hölzerne Epitaph des Drosten Statius von Münchhausen, eines Enkels des Söldnerführers, und seiner aus den Niederlanden stammenden Frau Agnes Ripperda. Unter dem Kreuz stehen die Gestalten der Mutter Maria und des Jüngers Jo­hannes. Der Körper des Gekreuzigten ist leider vom Kreuz genom­men worden; doch müsste eine Erneuerung dieses Kruzifixes mög­lich sein. Alabasterne Engel und Engels-köpfe umgeben diese Dar­stellung aus der Zeit der Renaissance.Das Ehepaar von Münchhausen erlebte die Verwüstungen Steyerbergs und der umliegenden Dörfer sowie die Drangsalierungen der Bevölkerung durch die Soldateska während des Dreißigjährigen Krieges. Vor ihnen waren weder Amtshaus noch Kirche sicher.Die Landsknechte zerschlugen sogar die Glocken auf dem Kirch­turm und verkauften sie. Statius ließ die Bruchstücke aus Pe­tershagen zurückkaufen und später aus ihnen neue Glocken gießen.
 Die Familie von Münchhausen war über 200 Jahre in Steyerberg ansässig. Ihre Toten fanden die letzte Ruhestätte in einer Totengruft unter dem einstigen Bahrenhause. Darin sollen zwölf Särge gestanden haben, die später zugeschüttet wurden. Auch in der Sakristei war ein Grabgewölbe, das drei Leichen enthielt. Diese ruhen noch unter dem Fußboden. Bei Bauarbeiten wurde einem der Särge das Stirnbrett entnommen und in eine Wand der Sakri­stei eingesetzt. Es trägt außer den Geburts- und Sterbedaten den Namen des hier Bestatteten: Statz von Münchhausen, 1582 bis 1646.An ihn, dessen Denkmal in der Kirche bereits erwähnt wurde, er­innert noch eine steinerne Grabplatte mit lateinischer Inschrift und dem von Münchhausen- und Ripperdaschen Wappen. Sie stand lange Jahre an der Außenwand der Kirche neben dem Sakristei­eingang. Um sie vor Witterungsschäden zu schützen, wurde sie in die neue Friedhofskapelle umgesetzt.
 Die Übersetzung der Inschrift lautet: Statius von Münchhausen, der einem hochadeligen deutschen Geschlecht entstammt, war Holstein-Schaumburgischer Statthalter. Er hat sich immer als ein tugendreicher, hochherziger und tapferer Mann erwiesen und hat trotz der langen Kriegsjahre ein Alter von 64 Jahren erreicht. Seine sterblichen Überreste sollen hier die letzte Ruhe finden. Er verschied am 4. Juni 1646. Eine andere Grabplatte hat ihren Platz an der Außenmauer der Kirche erhalten. Es ist die des Pastoren Friedrich Rathsam, der aus der Freien Reichsstadt Rothenburg ob der Tauber stammte. Welch Schicksal mag ihn aus dem Franken-lande vertrieben haben? Dieser Geistliche verwaltete die Pfarrstelle von 1647 - 1673. Wie auch viele andere Prediger seiner Zeit erhielt er sein Grab in der Kirche. Als später die Gruft zugeworfen wurde, stellte man die stark abgetretenen Platten auf ihren jetzigen Standort. Das reich verzierte hölzerne Taufbecken mit abnehmbarem Deckel wurde 1656 von dem Kirchenvorsteher Wehrenberg zur Erinne­rung an seinen auf See umgekommenen Sohn gestiftet. Es trägt die Inschrift: WIEVIELE EVER GETAVET SIND DIE HABEN GOTT ANGEZOGEN, GALATER 3. GAP. (V kann als U gelesen werden). Viele Spender ermög­lichten 1660 die Anschaffung der ersten Orgel. Zur Verbesse­rung des Gemeindegesangs schenkten einige Bürger „messin­gene“ Kronleuchter. So war auch bei dunklem Wetter das Singen aus dem Gesangbuch möglich.   Romanischer Taufstein im Turm der Rießener KircheIn der Turmhalle steht ein steinerner Taufstein romanischen Stils mit eingemeißelten Darstellungen: Die Segenshand Gottes, - kenntlich gemacht durch ein Bogensegment für den Himmel und assistiert von zwei Sternen gebietet dem gegenüber lauernden Dämon Einhalt. Göttliche und dämonische Welt stehen einander gegenüber. Der Löwe als Symbol für Macht und Kraft, ob es sich um das Symbolbild Heinrichs des Löwen handelt, der das Kloster Schinna gefördert hat, sei dahin gestellt. König und Heiliger, beide Figuren sind in recht naiver Darstellungsweise im Brustbild dargestellt; links die Gestalt eines Königs (erkennbar an einer dreizackigen Krone); rechts, leicht nach links gebeugt ein männlicher Heiliger mit einem Nimbus hinter dem Kopf. Möglich wäre auch die Deutung, dass die Person Christus darstellen soll. Experten schätzen, dass der Taufstein aus dem 10. Jahrhundert stammt. Leider ist er beschädigt, und das mag der Grund gewesen sein, dass er irgendwo ausgesondert wurde. Vielleicht hat das Kloster Schinna ihn aber auch seiner Filiale geschenkt. Aus jüngster Zeit stammen drei Tafeln. Sie nennen die Namen der in den beiden Weltkriegen Gefallenen des Kirchspiels Rießen und sind den Vorbeigehenden eine ständige Mahnung. 

Die Glocken und die Turmuhr

Bronzeglocke von 1734 Bis 2003 waren im oberen Stockwerk des Turmes zwei Glocken, wobei die kleinere laut Datierung 1734 entstand. Sie wurde von dem Glockengießer Thomas Rideweg in Hannover aus Bronze gefertigt. Die zweite Glocke war aus Stahl von dem Bochumer Verein 1923 (Datierung) gegossen worden. Großzügige Spenden ermöglichten im Jahre 2003 den Guss drei neuer Bronzeglocken durch Firma Petit & Edelbrock in Gescher, so wurde die Stahlglocke durch eine neue Bronzeglocke ersetzt und hat ihren Platz im Turmeingangsbereich gefunden.  Das jetzige Vierergeläut, bestehend aus der großen Auferstehungsglocke, der kleineren 1734 gegossenen Glocke, der Betglocke sowie der Taufglocke wurde am 14.9.2003 geweiht. Zu der 1734 gegossenen  Glocke ist zu sagen, dass sie vermutlich die Nachfolgerin der Glocke von 1653 ist, welche der Landgraf Statz von Münchhausen der Gemeinde schenkte. Sie wurde, nachdem sie geborsten war, im Jahre 1734 umgegossen. Seit welcher Zeit es eine „große Glocke" gibt ist nicht bekannt. Aber wir wissen, dass 1821 eine große Glocke beim heftigen Läuten während ei­nes Brandes in Steyerberg geborsten war. Erst 1879 wurde die Glocke auf Kosten der Gemeinde vom Glockengießer Radler aus Hildheim umge­gossen, nachdem über 55 Jahre ein reger Schriftwechsel über die Umgießung lief, bei dem mehrere Kostenvoranschläge und behördliche Anträge erstellt worden sind.1917 teilte das Kriegsministerium mit, dass alle Bronzeglocken, außer solche von besonderem historischem Wert, beschlagnahmt würden. Ein Jahr später wurde die große Glocke be­schlagnahmt, die kleine Glocke blieb wegen ihres historischen Wertes erhalten. Der Rückkauf der beschlagnahmten Glocke war nach Kriegsende nicht mehr möglich, da diese bereits zerschlagen worden war. 1923 wurde schließlich eine Stahlglocke gekauft, die jetzt im Turmeingangsbereich steht. Eine elektrische Läutanlage wurde 1962 installiert.Im Kirchturm befindet sich außerdem eine Turmuhr. Ein Kostenvoranschlag von Herrn Wenle aus Bockenem von 1891 lässt darauf schließen, dass zu dieser Zeit eine neue Uhr von der Gemeinde angeschafft worden ist. Aus welcher Zeit die Vorgängeruhr stammt ist nicht bekannt. In den Archiven sind lediglich zwei Quellen über die Reparatur der Kirchturmuhr zu finden: Eine von 1835, als der Schlossermeister Münz zwei Büchsen des Getriebes auswechselte und eine von 1844, als sich die Uhr nicht mehr aufziehen ließ, weil die „Linien zerrissen" waren. 

Die Orgel

Aus dem Bericht an den Superintendenten zu Stolzenau vom 12. August 1737 geht hervor, dass im Zuge der Orgelplanung für die  Kirche zu Rießen von Christian Vater (1679-1757) ein „Riß' und ein Anschlag" vorlag. „... Da unsere gemeine Willens ist sich auch eine neue Orgel anzuschaf­fen, so habe durch den Orgel-Bauer Herr Vater zu Hannover einen Anschlag und Riß machen lassen.“ Am 9. September kam es zum Vertragsabschluss. Als Liefertermin war Pfingsten 1738 vor­gesehen. Die Orgel wurde in Hannover vollständig hergestellt und nach Aufstellung in Rießen mit 280 Thl. „unverrufener Müntze" bezahlt. Sie hatte 2 Tastaturen und 8 Register. Eine alte Orgel, die die Gemeinde laut einer Rechnung 1660 kaufte, bei der es sich vermutlich um eine gebrauchte aus Hoya handelte, wurde dem Orgelbauer in Zahlung gegeben. 1791 wurde die Orgel vom Orgelbauer Küster repariert. 50 Jahre später (1841) stellte der Orgel­bauer Meyer aus Hannover fest, dass ein Stim­men zwecklos wäre, da die Orgel erneut repara­turbedürftig war. 1847 schrieb der Organist Gärtner in einem Brief an die Kirchenkommission von Rießen, dass die von Pastor Ritter vor 6 Jahren verschobene Orgelreparatur höchst notwendig sei, notwendiger als der Umguss der großen Glocke. Die Orgel sei zu „schwach" und weiterhin sei der Kirchenraum zu klein für die Ge­meindemitglieder. Erst 1852 ist die Orgel umgebaut und erweitert worden. 1908 im Zuge der Umbaumaßnahmen ist auch die Orgel erneut umgebaut worden. Die Orgelbaufirma Furtwängler und Hammer führte den Auftrag aus. 20 Jahre später wurde die Orgel von der Firma Furtwängler und Hammer aus Hannover mit einem elektrischen Gebläse ausgerüstet. 1954 wurden bei einer Untersuchung der Orgel festgestellt, dass das Gehäuse aus dem Jahre 1738 stammte. Die Prospektpfeifen sind nicht klingend,  sie waren es auch nicht in der von 1908 bestehenden Orgel. 1965 wurde die Orgel vom Orgelbauer Hermann Hillebrand umgebaut. In diesem Zusammenhang wurde die alte Orgelem­pore entfernt und ein neues Orgelpodest erstellt. 
 Außerdem wurde beschlossen, die gesamte Nordempore zu entfernen. Erneut wurde die Orgel 2001 von der Orgelbaufirma Janke umgebaut und der Orgelprospekt von Christian Vater (1738) wurde restauriert, die originalen Prospektpfeifen wurden foliert und ein neues Unterteil für das Gehäuse angefertigt. 

Die Nebengebäude

Die Gemeinde in Rießen besitzt bzw. besaß neben der Kirche noch einige historische Ge­bäude, die sich in unmittelbarer Nähe der Kirche befinden.Das alte Pfarrhaus, welches im 18. Jh. wegen Baufälligkeit abgerissen wurde, ist 1769 durch einen neuen Fach-werkbau südwestlich von der Kirche ersetzt worden. Eine genaue Abrech­nung des eigentlich strittigen Neubaus lag 1773 vor. Fenster, Haus- und Stubentüren des alten Hauses wurden versteigert, um Kosten für den Neubau zu sparen. Aus welcher Zeit jedoch das alte Pfarrhaus stammt ist nicht bekannt. 1834 war das neue Pfarrhaus allerdings stark baufällig. So hatte sich das Haus an einigen Stellen stark gesenkt, weil der Boden schlecht trug; Abhilfe sollte hier eine Neulegung der Gründung schaf­fen. Außerdem mussten Türen, Schwellen und Fußböden erneuert werden. Das Dach ist eben­falls mit Dachziegel-Strohdocken neu eingedeckt worden. 1843 ist das obere Stockwerk im Pfarrhaus ausgebaut worden. 1957 sollte das inzwischen wieder schadhafte Gebäude instand gesetzt und umgebaut werden. Es wurde über­legt, hierfür ein Darlehen in Höhe von 18000,- DM aufzunehmen. In einem Schreiben heißt es: „Das Pfarrhaus ist ein fast 200 Jahre alter Fachwerk­bau. Die einzelnen Fächer sind zum Teil noch nicht massiv ausgemauert, sondern lediglich mit Lehm verstrichen, über dem Außen und Innen Zementputz liegt. Etwa 12 lfd. Meter der Süd­westwand sind wegen Fehlens einer ordentlichen Grundmauer deutlich sichtbar abgesackt, so dass  der Fußboden in den Räumen und der Dach­boden eine deutliche Neigung aufweisen."  Drei Jahre später wurde mit dem Umbau begonnen. 1976 befand sich das ungenutzte Gebäude erneut in einem sehr schlechten Zustand. Die Pläne, das Pfarrhaus in ein Freizeitheim umzubauen waren gescheitert. Seit 1977 ist das Gebäude vermietet und wird als Therapiezentrum für Drogenkranke benutzt.Dem Pfarrhaus gegenüber, auf der anderen Straßenseite gelegen befindet sich das Küster­haus, welches 1723 erbaut worden ist. Es wurde 1802 von der Gemeinde gekauft, um es zunächst als Pfarrwitwenhaus zu nutzen. Das danebenliegende Pfarr-witwenhaus, welches nach jahrelangem Bitten 1815 erbaut worden ist, wurde 1980 verkauft und wird derzeit als Wohnhaus genutzt.In der Zeit von 1965 bis 1968 wurde in Steyerberg ein neues Gemeindehaus errichtet, in dem sich das Büro und die Wohnung des amtierenden Pfarrers für den I. Pfarrbezirk befinden. Zu diesem Pfarrbezirk gehören der Flecken Steyerberg, sowie Sarninghausen, Bruchhagen und Reese. Für die Ortschaften  Deblinghausen, Düdinghausen, Voigtei und Mainsche wurde 1963 eine II. Pfarrstelle errichtet, jedoch erst 10 Jahre später konnte in Deblinghausen ein Gemeindehaus mit Pfarrhaus gebaut werden. 1966 kam zu der Kirche eine Friedhofskapelle hinzu, die hier nur der Vollständigkeit wegen er­wähnt werden soll.Die Kirche zu Rießen gehört zu den wenigen Gotteshäusern, die noch ihren alten Friedhof benutzen. Auf ihm haben alle Verstorbenen des Kirchspiels ihre letzte Ruhestätte gefunden, ausgenom-men die der zweiten Pfarre, die seit dem letzten Krieg auf ihren dörflichen Begräbnisstätten beigesetzt wer­den. Kirche und Friedhof Rießen vermitteln dem Besucher einen erfreulichen Eindruck. Und das Kircheninnere präsentiert sich dem Besucher als eine schöne alte Dorfkirche.